Minimal-BIM

Berichte über die erfolgreiche Verwendung von BIM sind maßlos übertrieben. So könnte man – zugegeben sehr überspitzt – die derzeitige Situation in der Baubranche beschreiben. Fast hat man den Anschein, dass viele Unternehmen sich hier selbst die Sache etwas schönreden wollen; immerhin ist der Umstieg auf BIM nicht gerade günstig. Dann muss das Thema wenigstens für das Marketing „herhalten“.

Nicht, dass ich hier missverstanden werde: ich stehe voll und ganz hinter dem Bestreben und der Idee von BIM. Meine Definition wird sich zwar nicht mit jener von anderen Beratern oder Experten decken – aber grundsätzlich verfolgt die Branche mit BIM ein lobenswertes Ziel. Wenn nicht, und hierin liegt die Kritik, die Methoden und Wege teilweise äußerst denkwürdig sind.

Im Folgenden möchte ich auf einen Aspekt eingehen, den nicht nur ich befremdlich finde, sondern der auch viele „BIM-Neulinge“ abschreckt, und zwar das „Alles-oder-Nichts“-Problem.

„All in“ oder „peu-à-peu“?

Mehr, genauer, schneller, zentraler. „Bei BIM muss alles im Modell abgespeichert sein“. „Möglichst alles muss dreidimensional konstruiert werden“. Solche Ansprüche müssen gezwungenermaßen zum Scheitern führen.

Ich plädiere daher für ein Konzept, das ich hier „MInimal-BIM“ genannt habe. Als Neuling beginnt man also mit der kleinsten möglichen Umsetzung von BIM, und insbesondere das IFC-Format lässt hier so einiges an Spielraum zu, wie wir in einem frühreren Beitrag gesehen haben. Es ist im Grunde nicht notwendig, ein dreidimensionales Modell zu erstellen, nur um dieses im IFC-Format vorliegen zu haben. Warum also sollte ein Eigentümer oder Gebäudeverwalter diesen Aufwand auf sich nehmen? Jede Information, die hier eingegeben oder aus einem anderen System übersetzt wird, birgt ein gewisses Risiko eines Übertragungsfehlers mit sich.

Bei einer ersten Anwendung von BIM müssen sich also die Beteiligten die Frage stellen: „Wie können wir mit möglichst geringem Änderungsaufwand ein möglichst zukunftssicheres System aufbauen?“. Werden nur Übersichtspläne und Flächenlisten benötigt, so ist kein 3D-Modell notwendig. Auch nicht für Informationen zu Fenstern oder Türen. Die Position im Gebäude kann auch ohne eine 3D-Geometrie angegeben werden (siehe hier). Auch Haustechniksysteme können ohne Geometrien dokumentiert werden. Eine geometrische Modellierung sollte der letzte Schritt sein (jedenfalls, wenn man Bestandsobjekte betrachtet; eine solche Herangehensweise kann aber auch in der Vorentwurfsphase helfen).

Es spricht also nichts dagegen, anfangs auf eine dreidimensionale Darstellung zu verzichten; im Gegenteil: das IFC-Schema bietet explizit Methoden an, wie reduzierte und an die Datennutzung angepasste Darstellungen in der IFC-Datei gespeichert werden können. Für Übersichtspläne wäre das etwa die „Footprint„-Geometrie; für statische Modelle die „Surface3D“-Geometrie (als Platten und Scheiben), um nur zwei Beispiele zu nennen.

Weniger ist mehr

Weniger ist hier definitiv mehr. Auf die Informationen, die in einem Gebäudedatenmodell enthalten sind, muss man sich verlassen können; andernfalls ist das System unbrauchbar. Falsche Informationen werden genauso dargestellt wie richtige. Fehlende Daten kann man wenigstens anderweitig suchen.

Mir ist bewusst, dass sich eine solche Herangehensweise grundlegend von der gängigen Meinung unterscheidet. BIM wird zu oft noch als „3D + Informationen“ angesehen. Dabei ist es viel mehr als das, und doch viel weniger. Es ist die Digitalisierung unserer gebauten Umwelt, ihrer Umgebung sowie der damit verbundenen Prozesse, Produkte und Personen. Sobald eine „Sache“ (oder Person) eine eindeutige ID hat, kann diese weiterverwendet, gemessen, verwaltet, geplant, nachverfolgt und optimiert werden (im Falle von Personen klingt das natürlich befremdlich, aber nichtdestotrotz ist dies möglich).

Vollständigkeit ist kein primäres Ziel; es geht um eine stetige Weiterentwicklung. 2D-IFCs? Warum nicht! Geometrielose Systemdarstellung von Haustechnikanlagen? Gebäudeverwaltung inklusive Geschoßen und Räumen ohne jegliche Geometrie? An IFC würde es nicht scheitern. Und wenn eines Tages dann doch eine 3D-Geometrie benötigt wird? Auch das ist kein Problem. ID und Informationen sind ja bereits da, das Aussehen muss nur mehr ergänzt werden.