closed BIM vs. open BIM

Über dieses Thema wurde sicher schon sehr viel geschrieben, und doch gibt es aus meiner Sicht noch viele Missverständnisse. Die gesamte Softwarelandschaft scheint in die beiden Lager geteilt zu sein: „closed BIM“ auf der einen Seite und „open BIM“ auf der anderen. Doch ganz so einfach ist die Situation nicht, und zwar weder hier noch dort.

Closed BIM

Closed BIM bezeichnet eine Arbeitsweise, in der alle Planungsbeteiligten / Projektbeteiligten in der proprietären Softwarewelt eines Herstellers arbeiten. Diese muss (theoretisch) nicht verlassen werden, weil sich der Softwareentwickler (wir können ehrlich sein, im Prinzip sprechen wir hier von Autodesk) in seiner Weisheit um all die Schnittstellen und Aufgaben gekümmert hat, die während der Projektabwicklung nun so vorkommen.

Nun stellt sich die Frage: ist das wirklich ein realistisches Szenario? Kann jede Projektaufgabe – gerade hierzulande – mit dieser Softwarekonstellation abgedeckt werden? Und die Antwort kann nur lauten: selbstverständlich nicht.

Natürlich können mit (nennen wir das Kind beim Namen) Revit Modelle bzw. Pläne der Hauptplanungsdisziplinen erstellt werden. Bei der Berechnung, Bemessung und weiteren Detailierung sieht es aber schon bald eher düster aus. Ausschreibungen, Energieausweise, technische Schemata – die Liste ließe sich endlos fortsetzen – sind (noch?) nicht in der „geschlossenen“ BIM-Arbeitsweise umsetzbar. Somit ist noch sehr oft die Einbindung Drittsoftware notwendig – es sei denn, man kann mittels Plugins oder ählichem direkt mit dem Revit-Datenmodell interagieren. Die meisten Programme sind jedoch bereits zu etabliert und umfangreich, um hier eine vollumfängliche Integration in eine andere Softare zu wagen.

Zurück bleibt etwas, was ich gerne als „close BIM“ bezeichne. Eine enge Zusammenarbeit unterschiedlicher Disziplinen in einem Gesamtmodell, bei der auch unvollständige Arbeitsstände von Ko-Planern einsehbar sind. Eine solche Arbeitsweise kann die Planung beschleunigen, bei einem falschen Verständnis aber auch zu Verwirrung sorgen. Immerhin besteht oftmals die Gefahr, auf vorläufige Planungsstände von Kollegen aufzubauen.

Mythos „open BIM“

Die „openBIM“-Arbeitsweise definiert sich im wesentlichen dadurch, dass jede/r Projektbeteiligte in der Software seiner/ihrer Wahl arbeitet, und zu gegebenen Zeitpunkten die Arbeitsstände wechselseitig ausgetauscht werden, und zwar in einem „grundsätzlich nur lesbaren Format“, also mittels IFC-Dateien (dass diese nur gelesen und nicht verändert werden können ist ein großer Irrtum).

Interessant ist jedoch, dass die Programme, die für die Erstellung und Bearbeitung von BIM-Daten verwendet werden, zumeist keineswegs „open“ sind, sondern ebenso proprietäre Datenformate verwenden. Dies lässt aus meiner Sicht den Schluss zu, dass der wesentliche Unterschied zwischen „open BIM“ und „closed BIM“ ein sehr kleiner ist, und zwar:

  • bei „open BIM“ ist das Übertragungsformat zwischen zwei Programmen offen und „menschlich“ lesbar; die korrekte Einstellung obliegt zumeist den Nutzern
  • bei „closed BIM“ ist das Übertragungsformat zwischen zwei Programmen proprietär und somit nicht lesbar; die korrekte Einstellung wird zumeist von den Softwareherstellern vorgenommen.

„Echtes open BIM“

Wie würde jetzt ein richtiges „open BIM“ aussehen? Es gibt hierzu mehrere Initiativen, etwa FreeCAD und BlenderBIM, die IFC als das native Dateiformat verwenden, und diese somit uneingeschränkt einsehbar ist (abgesehen davon sind beiden Programme kostenlos). Es handelt sich hierbei um ein Dateiformat, deren Verwendbarkeit auf Jahrzehnte (ich habe hier 60 Jahre in Erinnerung, aber lasse mich gerne eines Besseren belehren) hin garantiert wird – da können wohl die wenigsten anderen Formate mithalten.

In der Baubranche arbeiten wir an und mit Objekten, die sehr langlebig sind. Nicht umsonst sind Unterlagen auf Papier (bzw. in letzter Zeit als PDF) noch immer das Mittel der Wahl, wenn es um die langfristige Dokumentation von Bauwerken geht. Daher sollte diese Betrachtungsweise ebenfalls in die Entscheidung für bzw. gegen eine Technologie mit einfließen. Kurzfristig ist der Fokus auf ein proprietäres Modell natürlich attraktiv – immerhin gibt es schon viele fertige Teillösung. Die Lieferung von „Archivmodellen“ als IFC ist zumeist eine lästige Pflicht, und ist aus den gängigen BIM-Programmen nur sehr schwer in einer ausreichend guten Qualität hinzubekommen. Diese Unzulänglichkeit wird leider allzuoft einem „nicht funktionierenden IFC“ zugeschrieben.

Ich kann Ihnen jedoch versichern: es liegt nur selten an IFC. Und wenn, dann ist auch das kein großes Problem – IFC kann beliebig selbst erweitert werden. Natürlich ist nicht garantiert, dass diese Erweiterungen jemals auch in das offizielle IFC-Schema übernommen werden. Aber dafür haben Sie als Entwickler dieses erweiterten Schema auf Dauer die Kontrolle darüber.