„As-Billed“-Modell

Nein, das ist kein Tippfehler. Und obwohl das einer der ersten Einträge in diesem Block ist, so ist es doch kein Einsteigerthema. Immerhin geht es hier ohne Umschweife gleich ans „Eingemachte“ im Bauprozess, also ums Geld. Und noch dazu bei den Projektbeteiligten, welche bisher im BIM-Prozess eher außen vor bleiben.

Was ist mit „As-Billed“ gemeint?

Begriffe wie „As-Built“ und „As-Planned“ sind den meisten bereits geläufig. Ersteres bezeichnet das digitale Abbild des tatsächliche gebauten Gebäudes, den im Endeffekt eingebauten Materialien und Bauprodukten sowie deren genau Position. Zweiteres stellt die digitalte Version des „beabsichtigten“ Endzustandes des Gebäudes dar. Darin sind aber noch nicht alle Produkte definiert, der Detaillierungsgrad ist – aufgrund der noch nicht erfolgten Werksplanung – noch geringer, und es wurde auf etwaige Vorkommnisse während der Bauführung noch nicht Rücksicht genommen.

(Traurige?) Tatsache ist: bei kaum einem Gebäude stimmen der gebaute Endzustand („As-Built“) und der beabsichtigte Endzustand zu Baubeginn bzw. zur Auftragsvergabe der Baufirma („As-Planned“) überein, auch wenn hier mit Hlfe der BIM-Methodik gegengesteuert werden soll. Das kann vielerlei Gründe haben, zumeist liegt es aber ab der unzureichenden Planung bzw. dem Entscheidungswillen der Auftraggeber. Das führt zu der (Un-)Kultur des baubegleitenden Planens, welche in Österreich sehr stark vorherrscht. Oft genug hört man von Projekten, bei denen die Planung von der Baustelle „überholt“ wird, also aus Zeitgründen ohne ausreichende Pläne gebaut wird.

Nachvollziehbarer sind hingegen Änderungen, wenn Unvorhergesehens auf der Baustelle passiert, vor allem im Bereich des Baugrundes (Bodenverhältnisse, Einbauten, …) oder beim Bauen im Bestand. Eine dritte Möglichkeit (sicher gibt es noch zahlreiche andere) ist, wenn die ausführende Firma für sich eine Optimierung in der Bauführung sieht, eine nachträgliche Änderung des Vertrags jedoch nicht möglich oder sinnvoll ist.

Diskrepanz zwischen Vertrag und Ausführung

Eine Fertigteilwand wurde beispielsweise vom Planer in vier Elemente unterteilt, und diese jeweils als eigene Pauschalposition ausgeschrieben. Die Baufirma möchte diese Wand in drei Elementen ausführen, um etwas schneller oder etwas günstiger bauen zu können. Somit stellt sich die Frage: was tun? Im Vertrag stehen vier Stück („As-planned“), im fertigen Gebäude nur drei Stück („As-billed“). EIne nachträgliche Änderung des Vertrags (solche Änderungen kommen nicht selten vor) ist für beide Seiten, gerade wenn es sich um öffentliche Projekte handelt, sehr aufwändig.

In der konventionellen Bauabwicklung wäre dies wahrscheinlich sehr einfach zu handhaben. Wenn der Auftraggeber bzw. sein Vertreter auf der Baustelle („Örtliche Bauaufsicht“) die Gleichwertigkeit der Lösung bestätigt, dann verrechnet die Baufirma einfach vier Element und errichtet drei Elemente. Die Vereinbarung wird protokolliert und die Sache ist erledigt. Sollte die Abrechnung jedoch mit einem BIM-Modell erfolgen, so muss sich die Aufmaßberechnung auf den fertiggestellten Zustand und somit das „As-Built“-Modell beziehen. Darin befinden sich jedoch nur drei Elemente.

Diese Diskrepanz gilt es aufzulösen, und aus diesem Grund wurde der Begriff „As-billed“-Modell geprägt. Es handelt sich dabei um ein Modell, welches die abgerechneten Bauteile und deren Abmessungen enthält. Wie dies konkret (technisch) aussehen kann werden wir in einem anderen Artikel behandeln. Nur soweit dazu: es sollte tunlichst vermieden werden, dass es hier zu Verwechlungen mit dem „As-Built“-Modell kommt. Unnötige Geometrien und Bauteileigenschaften sollen entfernt werden, sodass es zu keinen widersprüchlichen Angaben kommen kann. Diese sind genauso „schädlich“ wie fehlende Attribute.

Woran liegt der Vorteil eines solchen „As-Billed“-Modells, neben der zusätzlichen Flexibilität in der Abrechnung? Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint, eröffnet eine solche Trennung eine ideale Möglichkeit, als ausführendes Unternehmen in die BIM-Methodik einzusteigen, ohne ein 3D-Modell im engeren Sinne erstellen zu müssen.

Beispiel für einen „As-Billed“-Workflow

Nehmen wir als Beispiel einen Malerbetrieb. Dieser hat den Auftrag, die Räume in einem Gebäude neu auszumalen. Nach getaner Arbeit werden die bemalten Flächen üblicherweise dokumentiert (Fotos, Skizzen etc.) und die Abmessungen in Aufmaßblätter eingetragen. Sinnvollerweise werden diese logisch angelegt, etwa zuerst nach Geschoß, dann nach Raum, und schlussendlich umlaufend alle Wände bzw. Decken (vereinfacht). Daraus werden Summenblätter erstellt, und die Gesamtsumme wandert in die Rechnung.

Somit haben wir – wie in den meisten BIM-Modellen ebenfalls üblich – eine hierarchische Struktuer von Projekt (–> Gebäude) –> Geschoß –> Raum bzw. Bauteil. Dazu kommt eine „Geometrie“ (Zeichnung der gemalten Oberfläche), welche logisch mit den Räumen bzw. Bauteilen verknüpft ist, und die Eigenschaft „Abgerechnete Fläche – Beschichtung“ (oder Ähnliches) mit dem Flächeninhalt dieser „Geometrie“, eventuell mit der Berechnungsformel hinterlegt. Auch ein Bezug zur Leistungsposition, dem Ausführungszeitraum /-punkt und dem Abrechnungszeitraum kann hergestellt werden, so wie dies in der konventionellen Abrechnung Usus ist.

Nichts anderes ist BIM, nämlich eine strukturierte Verortung von Geometrien und Informationen, verbunden mit einem Zweck (hier: die Abrechnung von Leistungen). Natürlich kann dieses Datenmodell nicht ohne Weiteres in einem 3D-Viewer dargestellt werden. Hierfür müsste noch nachgearbeitet werden. Es zeigt jedoch, dass mit einer kleinen Anpassung der Werkzeuge der derzeitige – vielfach erprobte – Abrechnungsvorgang auch in einem BIM-Setup funktionieren kann. Und das, ohne mit Spezialsoftware ein vollständiges Gebäude modellieren zu müssen. Auch eine Anbindung an vorhandene Abrechnungsprogramme ist hier denkbar, sodass hier zusätliche Flexibilität bleibt, etwa bei „geometrielosen“ Leistungen (zeitabhängig, Material, Regiekosten etc.).

So genau und umfassend wie bei der Abrechnung wird ein Gebäude vermutlich nie wieder vermessen bzw. ist dies gar nicht mehr möglich, weil die Bauteile „verbaut“ wurden. Das sollte viel mehr genutzt werden, auch um die Handwerksbetriebe stärker in den digitalisierten Bauablauf einzubinden.